10.03.2016

Mit 51 in die Erzieher-Ausbildung

Durch das ESF-Bundesmodellprogramm „Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas“ öffnen sich für Helmut Hartwig viele Türen.

Foto: Copyright: Koordinationsstelle 'Chance Quereinstieg/Männer in Kitas'.

Vor fünf Jahren hat Helmut Hartwich begonnen, sein Leben neu zu organisieren. Nach vielen unterschiedlichen Jobs war er zehn Jahre lang als Hausmann tätig und für seine beiden Söhne da, die mittlerweile 16 und 18 Jahre alt sind. Nun will der gelernte Matrose etwas tun, was er schon immer wollte: Erzieher werden.

Was hat Sie dazu bewegt, mit 51 Jahren eine Ausbildung zum Erzieher zu beginnen?

Meine erste Berufswahl habe ich nicht selbst getroffen. Ich hätte lieber Abitur gemacht. Als ich 15 war, hat aber mein Stiefvater beschlossen, dass ich eine Ausbildung zum Matrosen machen sollte. Aus mir sollte ein Mann werden. Da ich aus einer sozial schwachen und kinderreichen Familie komme, sollte ich früh eigenes Geld verdienen. Nach der Ausbildung habe ich in den unterschiedlichsten Jobs gearbeitet. Ich wäre damals schon gerne Erzieher geworden. Aber mir fehlte der nötige Schulabschluss. Erst letztes Jahr mit 50 machte ich meinen Mittleren Schulabschluss nach und habe nun endlich die Möglichkeit, Erzieher zu werden.

Hätten Sie die Ausbildung auch gemacht bzw. machen können, wenn sie nicht vergütet wäre?

Mir war klar, dass ich unbedingt diesen Beruf lernen möchte. Das Gehalt war jetzt nicht das ausschlaggebende Kriterium. Ich habe schon immer am Minimum gelebt. Ich kann mit wenig Geld zurechtkommen. Aber ganz ohne Vergütung wäre es natürlich nicht gegangen. Ich hätte mir dann andere Finanzierungsmöglichkeiten suchen müssen. Die Finanzierung ist für die Kitas ja auch nicht so einfach mit den berufsbegleitenden Auszubildenden, weil diese gleich auf den Stellenschlüssel angerechnet werden.
Ich bin froh über das ESF-Bundesmodellprogramm „Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas“*, denn das Jobcenter hätte mir mit meinem Alter lieber einen Job im Callcenter vermittelt, als mir noch eine Ausbildung zu finanzieren.

Wie ist es für Sie mit 51 Jahren noch einmal lernend zu sein?

Irgendwie habe ich mein ganzes Leben immer gelernt und studiert, mir ganz viel selbst beigebracht, wie zum Beispiel Gitarre spielen, aber halt nie einen Abschluss gemacht.
Der Mittlere Schulabschluss letztes Jahr hat mir gezeigt, dass ich, wenn ich was will, es auch durchziehen kann.

In der Kita weiß das Team meine Lebens- und Berufserfahrung, die ich mitbringe, zu schätzen.
In der Schule begegnen wir uns quasi auf Augenhöhe. Die Klasse hält toll zusammen. Es ist ein bunt gemischter Haufen. Drei oder vier haben einen Migrationshintergrund, die Altersspanne geht von 26 bis 53, alle kommen aus den unterschiedlichsten Berufen. Man kann viel daraus schöpfen.
Und die Gemeinsamkeit: Alle haben Spaß an der Ausbildung.

Vielen Dank für das Interview!

*Bundesmodellprogramm | Informationen zum Bundesmodellprogramm „Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas“