03.11.2019

„Dem würde ich niemals mein Kind anvertrauen“

Jan Theofel organisierte die Barcamps für die Koordinationsstelle. Auf einem dieser Camps wurde er mit seinen eigenen Vorurteilen konfrontiert.

Foto: privat.

Darf ich mich vorstellen?

Ich bin Jan Theofel und Deutschlands führender Experte für das Veranstaltungsformat Barcamp. Bei diesem Format bringen wir die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in einen Wissens- und Erfahrungsaustausch zu den Themen, die sie selbst bewegen. Ich liebe dieses Format, weil es Menschen und ihre Themen sichtbar macht und auf besondere Art und Weise die Teilnehmenden vernetzt.

In den letzten Jahren haben Sie für die Koordinationsstelle zwei Barcamps moderiert. An welches Erlebnis denken Sie gerne zurück?

Mit Ihnen zusammenzuarbeiten war immer eine sehr angenehm, professionell und direkt. Ich mag es, wenn man direkt zum Punkt kommt und schnell und effizient Themen angeht. Mir hat zudem Ihr Mut imponiert, Barcamps gemeinsam mit mir umzusetzen. In vielen Bereichen sind die Organisationen noch nicht wo weit, dass sie den Wert solcher Veranstaltungen erkennen und scheuen daher das Risiko. Denn man weiß ja vorher gar nicht, was dort inhaltlich passiert. Das muss man aushalten können – und das haben Sie ganz großartig! Das wurde mit der thematischen Vielfalt der Themen denke ich deutlich belohnt.

An welches Erlebnis mit der Koordinationsstelle „Chance Quereinstieg / Männer in Kitas“ denken Sie gerne zurück?

Ich erinnere mich noch sehr gut an einen Teilnehmer unseres ersten Barcamps zum Thema Quereinstieg in Kitas. Er war kräftig – fast als käme er aus dem Kraftsport – und hatte unglaublich viele Tattoos. Auch wenn ich ein sehr offener Mensch bin, dachte ich mir dennoch, „dem würde ich niemals mein Kind anvertrauen“ als ich ihn das erste Mal sah. Eine Weile später erlebte ich seine erste Wortmeldung. Und in dem Moment dachte ich mir nur: „Wow! Was für eine unglaubliche Haltung gegenüber Kindern. Jemand wie ihn brauchen wir in jedem Kindergarten! Ihm würde ich mein Kind sofort anvertrauen.“

Es war auf der einen Seite eine schöne Lektion für mich, dass ich in diesem Moment nur einen Vergleich mit einem Bekannten zog, dem man seine Kinder wirklich nicht anvertrauen sollte, statt darauf zu schauen, wer er wirklich ist. Und zugleich zeigte es mir, wie unglaublich wichtig die Arbeit der Koordinationsstelle ist. Denn sie gibt Menschen verschiedener Typen die Chance dort zu wirken, wo wir sie wirklich brauchen.

Inwieweit sind SIe mit den Inhalten und Themen der Koordinationsstelle vertraut bzw. wie stehen Sie zu den Inhalten und Themen der Koordinationsstelle?

Meine Tochter geht inzwischen seit zwei Monaten in die Kita – man könnte also sagen, dass ich in positiver Hinsicht von der Arbeit der Koordinationsstelle profitiere. Daher möchte ich Ihnen sehr für Ihre Arbeit danken!

Die Notwendigkeit von mehr Erziehern und Erzieherinnen (hier bewusst in dieser Reihenfolge) ist uns sicherlich allen klar. Wir gehörten zu den Eltern, die erst einmal keinen Platz bekommen hatten. Diese unglaublich nervenaufreibenden Wochen wünschen wir echt niemandem!

Doch nicht bei der Menge männlicher Erzieher macht das Programm Quereinstieg einen wichtigen Schritt für mehr Erzieher*innen. Sondern ich denke auch bei der Qualität, wenn ich an Menschen, wie den vorhin beschriebenen Erzieher denke. Wer als Quereinsteiger*in eine Ausbildung macht, will wirklich mit den Jüngsten arbeiten – und das kommt dann von Herzen.

Zum anderen glaube ich, dass in unserer aktuellen Gesellschaft ein möglichst diverses Aufwachsen unserer Kinder ein wichtiger Aspekt für deren Weltbild ist. Für meine Tochter wünsche ich mir eine tolerante und offene Zukunft – und auch hier leistet die Koordinationsstelle einen wichtigen und wertvollen Beitrag!