30.05.2017

"Bei fachfremden Quereinsteiger/innen ist am ehesten zu erwarten, dass der Männeranteil steigt."

Regine Kube von PariKita im Interview über die ersten Erfahrungen im bayerischen Modellversuch OptiPrax‘.

Foto: privat.

Regine Kube ist Referentin für Personalmarketing bei PariKita – Gemeinnützige Paritätische Kindertagesbetreuung GmbH. In 52 eigenen Einrichtungen und in Kooperationen mit Firmen und Kommunen werden rund 2.800 Kinder im Alter von 0 bis zwölf Jahren in Bayern in den Regionen München, Nürnberg, Erlangen und Regensburg betreut .

„Seit dem Schuljahr 2016/2017 bietet Bayern den Modellversuch „Erzieherausbildung mit optimierten Praxisphasen“ (OptiPrax) in drei Varianten an. Die Ausbildung wird vergütet und ist praxisintegriert. Mit den drei Varianten werden unterschiedliche Ausbildungswege für unterschiedliche Zielgruppen angeboten.

Die Variante 1 richtet sich an Bewerber/innen mit oder ohne mittleren Schulabschluss, Variante 2 an Bewerber/innen mit Fach-/Abitur und die Variante 3 richtet sich explizit an Bewerber/innen mit einer fachfremden Berufsausbildung.

In der Bestandsaufnahme „(Quereinstiegs-)Wege in vergütete Ausbildungsformen und in den Beruf der Erzieherin/des Erziehers“ ist die detaillierte Darstellung des Modellversuchs auf den Seiten 73-74 zu finden.“

Bestandsaufnahme | PDF zum Herunterladen

Welche ersten Erfahrungen gibt es mit dem Modellversuch OptiPrax – Variante 3 – an der Fachakademie für Sozialpädagogik der Stadt Nürnberg?

Um den aktuellen und zukünftigen Fachkräftebedarf zu decken, investieren wir seit vielen Jahren  kontinuierlich in die Ausbildung. Durch die Variante 3 werden nun Bewerber angesprochen, die bisher die Erzieherausbildung aus finanziellen Gründen nicht absolvieren konnten und nun eine Veränderung bewerkstelligen möchten. Wir haben sehr viele Bewerbungen erhalten mit den unterschiedlichsten beruflichen Hintergründen wie Elektriker, Anwalt, Soldat, Friseurin u.v.m.! Sie alle wollen noch einmal einen beruflichen Neustart wagen, der ohne einen Verdienst nicht möglich wäre. Die Auswahl der geeigneten „Studierenden in Ausbildung“ erfolgt nicht durch die Fachakademie sondern durch den Träger. Es bestand dadurch ganz konkret für uns die Möglichkeit, geeignete Bewerber auszuwählen, die durch ihre fachfremde Berufsausbildung zusätzlichen Kompetenzen miteinbringen.

Aktuell sind im ersten Ausbildungsjahr immer Montag bis Mittwoch Schultage und Donnerstag und  Freitag Praxistage. Laut Aussage unserer Studierenden vermitteln die Lehrkräfte den Unterrichtsstoff sehr intensiv und praxisnah. Auch der Wechsel zwischen Schule und Praxisstelle während der Woche verläuft gut. Ein Austausch mit den Praxisstellen ist durch Besuche der Lehrkräfte in den Kindertagesstätten und Reflexionsrunden in der Klasse gegeben.

Die Kooperation zwischen der Fachakademie der Stadt Nürnberg und uns als Träger ist sehr gut und konstruktiv. Durch den regelmäßigen Austausch aller Beteiligten werden Anregungen aus der Praxis direkt aufgenommen und je nach Realisierbarkeit verändert. Offene Fragen werden gemeinsam thematisiert und es wird versucht, eine Regelung zu finden.

Warum bietet die Fachakademie für Sozialpädagogik der Stadt Nürnberg in Kooperation mit den drei Trägern die Variante 3 – Bewerberinnen/Bewerber mit einer fachfremden Berufsausbildung (Berufswechslerinnen/ Berufswechsler) – im Rahmen des OptiPrax-Modellversuchs an?

Laut Auskunft der Fachakademie war es eine politische Entscheidung auf Referenten-Ebene.

Es gab Bedenken, Variante 2  anzubieten, da vermutet wurde/wird, dass Abiturienten langfristig nicht ans Arbeitsfeld zu binden sind, zumindest nicht als ErzieherInnen, da nach der Ausbildung noch ein Studium angestrebt wird. Außerdem ist bei den beruflichen Quereinsteigern wohl am ehesten zu erwarten, dass der Männeranteil steigt.

Weitere Informationen liegen uns dazu leider nicht vor.

Wie wird sich aus Ihrer Sicht der sogenannte fachfremde Quereinstieg in die Ausbildung von Erzieher/innen in Bayern in Zukunft weiterentwickeln?

Aus unserer Sicht ist es schade, dass es nur eine Fachakademie gibt, die die Variante drei anbietet. Wir würden es begrüßen, wenn die Variante weitergeführt und ausgebaut wird. Das Interesse bei den „Quereinsteiger“-Bewerbern ist groß, und wir haben im Rahmen der letzten beiden Auswahlverfahren viele gute Bewerbungen erhalten.

Für uns ist sie die interessanteste Variante. Durch die zusätzliche Vergütung ist sie zwar ein Kostenfaktor, aber wir sehen sie als lohnende Zukunftsinvestition.