24.01.2017

„Ich bin froh, eine Familie im Hintergrund zu haben, die mich unterstützt.“

Daniel Francois über den Spagat zwischen Ausbildung und Familie.

Foto: Milena Schlösser. Copyright: Koordinationsstelle 'Chance Quereinstieg/Männer in Kitas'.

Daniel Francois ist einer der Quereinsteigenden, die am Barcamp aktiv teilgenommen haben. Der 44-Jährige lebt in Essen, arbeitet in der AWO-Kita Bußmannsweg in Bochum und besucht das Gisbert-von-Romberg-Berufskolleg in Dortmund. Der gelernte Kaufmann im Einzelhandel ist verheiratet und Vater von zwei Kindern im Alter von elf und vierzehn Jahren. Er ist im zweiten Jahr seiner Ausbildung. Erste Erfahrungen im pädagogischen Bereich machte er während seiner jahrelangen Tätigkeit als Integrationshelfer. Im Interview berichtet er über die große Herausforderung, Ausbildung und Familie unter einen Hut zu bringen.

Wie ist die Ausbildung in Ihrer Einrichtung/Schule organisiert?

In der Woche sind wir in den ersten beiden Ausbildungsjahren zwei Tage in der Einrichtung und drei Tage in der Schule. Im dritten Jahr heißt es dann vier Tage Einrichtung und einen Tag Schule.

Wie erleben Sie Ihre Ausbildung?

Die schulische Ausbildung ist sehr anspruchsvoll. Ich finde, dass der Anspruch eine Herausforderung ist. Vor allem ältere und erfahrene Lehrer können gut auf uns eingehen. Ich hätte gerne mehr Lehrer mit Praxiserfahrung.

Können Sie trotz Ihrer Ausbildung ein erwachsenengerechtes familiäres Leben mit allen Verpflichtungen führen?

Freizeit habe ich so gut wie gar nicht mehr, die muss ich mir nehmen. Mein Schultag ist sehr voll, auch weil ich immer von Essen nach Dortmund fahre. Wenn ich nach Hause komme, warten schon die Kinder auf mich. Ich bereite das Essen zu und mache den Haushalt. Vor ungefähr zehn Jahren haben meine Frau und ich die Rollen getauscht. Sie arbeitet Vollzeit, ich war Hausmann und habe Teilzeit gearbeitet, jetzt mache ich die Ausbildung. Um 18 Uhr bringe ich die Kinder zum Sport, die Zeit nutze ich dann für mich, um auch Sport zu treiben. Am späteren Abend schaffe ich es nicht mehr, mich hinzusetzen und zu lernen, denn da kann ich mich nicht mehr konzentrieren. Ich möchte auch Zeit mit meiner Familie verbringen. Für die Praxisaufgaben und die Vorbereitungen auf die Klausuren bleiben mir eigentlich nur die Wochenenden. Das Zeitproblem haben wir schon in der Schule besprochen, sie versucht, darauf einzugehen. Letztendlich ist der Stoff aber einfach da und ich muss ihn lernen.

Was hilft Ihnen, das alles zu schaffen?

Meine Frau und meine Familie. Wenn ich die nicht hätte, könnte ich meine Ausbildung nicht machen. Eine wirklich gute und starke Partnerin an der Seite zu haben, ist eine Grundvoraussetzung. Ich bin froh, dass meine Kinder schon älter sind und ich eine gut funktionierende Familie im Hintergrund habe.

An welchen Stellen könnten Schule und Einrichtung unterstützend tätig werden?

Ich kann da nur von mir und meinen Erfahrungen sprechen. Ich wünsche mir altersgerecht behandelt zu werden, dass meine Kompetenzen anerkannt werden. Zudem ist eine Transparenz bei den Entscheidungen, die über meine Ausbildung getroffen werden, wichtig. Ich wünsche mir, dass das Curriculum der Zielgruppe entsprechend angepasst wird, dass berücksichtigt wird, dass ich schon länger als zwanzig Jahre aus der Schule raus bin. Denn ich muss zu meiner Ausbildung noch eine versteckte zweite Ausbildung machen: Lernen zu lernen. Es würde mir helfen, wenn meine Kompetenzen, die ich habe, auch anerkannt würden. Ich fühle mich an den Punkten ausgebremst, an denen ich noch einmal bei Null anfangen muss.

Sie haben ja jetzt Bergfest und starten in die zweite Hälfte Ihrer Ausbildung. Was wünschen Sie sich für den Endspurt?

Eine gute Diskussionskultur hilft, um über Probleme reden zu können. Ich wünsche mir noch intensivere fachliche Unterstützung von praxiserfahrenen Menschen – sowohl in der Schule als auch in der Einrichtung. Ich wünsche mir, mich entfalten zu können. Und ich wünsche mir, mit meinen Fähigkeiten anerkannt und angenommen zu werden. Es wird oft gesagt, dass wir Männer in dem Beruf gerne gesehen und gewollt sind, das Verständnis für unsere Situation als Männer in der Kita ist noch nicht ausgereift. Beispielsweise ist die schulische Ausbildung in erster Linie für Erzieherinnen konzipiert. Ich habe das Gefühl, wir sollen so werden wie sie. Es wird viel zu wenig berücksichtigt, dass ich als Mann vielleicht manchmal anders mit Situationen umgehe als manche Frau, was aber nicht heißt, dass es schlechter ist.
Im Großen und Ganzen denke ich, dass das Quereinsteigerprogramm eine gute Sache ist – mit Potenzial für die Zukunft. Ich bin immer noch froh, eingestiegen zu sein. Durch das Barcamp in Berlin bin ich in dieser Meinung nochmal gestärkt worden.