03.11.2019

„Arzgebirg wie bist du schie. Doch wu sei deine Männer hie?“

Maria Groß, Paritäter Sachsen, beobachtet, wie nachhaltig „MEHR Männer in Kitas“ wirkt

Foto: privat.

Darf ich mich vorstellen?

Mein Name ist Maria Groß, als Dipl.-Soz.-Pädagogin arbeite ich im Paritätischen Sachsen als Referentin. Mein Schwerpunkte sind die Beratung der Kita-Träger und Leitungscoaching für Führungskräfte. Ebenso vertrete ich die Mitglieder des Paritätischen Sachsen in den Gesprächen und Beratungen mit den landespolitischen Verantwortungsträgern. Meine berufliche Vita begann in den 70er Jahren mit der Erzieherinnernausbildung im Ursulinenkloster in Erfurt; den Ausbildungsort habe ich damals gewählt, weil mir der Zugang zum Studium aus gesellschaftlichen Gründen nicht gewährt wurde. Vermutlich habe ich in dem Zusammenhang meine ersten Demokratielektionen erfahren.

An welches Erlebnis mit der Koordinationsstelle „Chance Quereinstieg / Männer in Kitas“ denken Sie gerne zurück?

Sehr gern erinnere ich mich an die Besuche von Michael Cremers und Jens Krabel im Rahmen des MMiK-Programm im Erzgebirge. Wir hatten uns dazumal einen tollen Slogan ausgedacht „Arzgebirg wie bist du schie. Doch wu sei deine Männer hie?“ Wir haben lange über diesen Slogan diskutiert, gleichwohl die Sprachbarrieren für die Kollegen aus Berlin schnell überwunden waren und sie dem Titel der Plakatkampagne Zuspruch gaben.

Wir haben in den letzten Jahren im Rahmen von Männern in Kitas, des Quereinstiegs in die Erzieher/innenausbildung und die Vergütung der Ausbildung in Kontakt gestanden. Wie hat sich das Themenfeld in den letzten Jahren entwickelt?

2006 gab es in Sachsen 321 Männer als pädagogische Fachkräfte in sächsischen Kitas, das entsprach einem Anteil von 1,5 %. Bis zum Jahr 2016 hat sich ihre Zahl auf 2.174 erhöht. Ihr Anteil an allen pädagogischen Fachkräften stieg dadurch auf 6,8 %.

Die Nachfrage der Männer, eine Erzieherausbildung zu absolvieren, gleichwohl sie bereits mehrere Jahre in einem anderen Beruf tätig waren, ist durch das Programm zusehends angestiegen. Sie absolvieren i.d.R. eine berufsbegleitende Ausbildung, die es in Sachsen bereits weit über ein Jahrzehnt gibt.
Noch heute rufen bei uns interessierte Männer und Frauen an mit dem Wunsch, Erzieher*in zu werden. Die beruflichen Abschlüsse sind sehr vielfältig.

Was braucht es künftig für Männer in Kitas, den Quereinstieg in die Erzieher/innenausbildung und die Vergütung der Ausbildung?

Der Quereinstieg ist in Sachsen möglich, jedoch zählt ein Quereinsteiger / eine Quereinsteigerin mit dem ersten Tag in den sogenannten Personalschlüssel. Hier braucht es ganz dringend eine Veränderung, d.h. die Person, die berufsbegleitend in den Erzieher*innenberuf einsteigt, muss außerhalb des Personalschlüssel finanziert werden und könnte m.E. im dritten Jahr der Ausbildung teilweise in die Berechnung des Personalschlüssels integriert werden.

Darüber hinaus sind folgende Punkte in Sachsen weiterzuentwickeln:

  • Die Vielfalt der Ausbildungsangebote auf ihre Passung für Auszubildende unter Berücksichtigung ihrer Lebenslagen bzw. individuellen Entwicklungsphasen unter Hinzuziehen wissenschaftlicher Expertise prüfen.
  • Die Ausbildungsangebote mit den vielfältigen Arbeitsfeldern des SGB VIII in Einklang halten.
  • Die auskömmliche Finanzierung der Ausbildungseinrichtungen (z. B. Schulgeldübernahme, personalschlüsselunabhängige Finanzierung der berufsbegleitenden Ausbildung) und der Auszubildenden (z. B. Vergütung der Ausbildung, Bildungsticket) sichern.
  • Die bestehenden Anerkennungsverfahren prüfen (z. B. Anerkennung der Freiwilligendienste und ausländischen Abschlüsse; Entwicklung von Aufnahmevoraussetzungen) und Ausbildungscoaching im Quereinstieg entwickeln (z. B. Mentoring, Schulfremdenprüfung).
  • Die Lernortkooperation stärken (z. B. zwei Stunden für Praxisanleitung in der Kinder- und Jugendhilfe sowie Erhöhung des Stundenanteils für Lehrkräfte bei der Praxisbegleitung von Fachschülerinnen/Fachschülern; Ausbildungsdreieck pädagogische Fachkraft–Lehrkraft–Fachschülerinnen/Fachschüler besser vernetzen, um professionelle Entwicklungsprozesse zu stärken).