30.05.2017

"Die Anrechnung Quereinsteigender auf den Personalschlüssel ist aus unserer Sicht der einzige Weg zur Vergütung."

Interview mit Norbert Bender von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Elterninitiativen e.V. (BAGE) über die Herausforderungen und Erfahrungen von Elterninitiativkitas mit Quereinsteigenden.

Foto: Olaf Blecker.

Norbert Bender ist Geschäftsführer der BAGE.

Sehen Sie die Anrechnung der angehenden Erzieher/innen auf den Personalschlüssel als einen geeigneten Weg an, um die Vergütung während der Ausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher finanzieren zu können? Welche Herausforderungen können sich bei der Anrechnung auf den Personalschlüssel ergeben – sowohl für die Elterninitiativen als auch für die angehenden Erzieher/innen?

Die Anrechnung auf den Personalschlüssel und die damit verbundene Vergütung ist für ältere QuereinsteigerInnen oft Voraussetzung, um überhaupt diese Ausbildung als Möglichkeit zu erachten. Der Lebensunterhalt, nicht selten auch für eine Familie, muss bestritten werden. Deshalb sehen wir die Anrechnung auf den Personalschlüssel, wie sie verschiedene Bundesländer –wie etwa Berlin schon seit längerem haben, als geeigneten und aus unserer Sicht oft als einzigen Weg an.

Die Elterninitiativen als in der Regel sehr kleine Einrichtungen – aber auch die anderen Kitas – benötigen unbedingt zusätzliche Personalstunden für die Anleitung der angehenden ErzieherInnen, die ja durch die Anrechnung auf den Personalschlüssel schon als ErzieherInnen eingesetzt werden (müssen). Sonst besteht die Gefahr, dass die Anleitung, u.a. aus Zeitmangel nicht ausreichend wahrgenommen wird bzw. werden kann – die oft nicht ausreichende Personaldecke begünstigt das. Erfolgt für den Träger keine 100% ige Anrechnung auf den Personalschlüssel hat der Träger Schwierigkeiten, die QuereinsteigerInnen entsprechend zu entlohnen. Die Eingruppierung von QuereinsteigerInnen stellt viele Träger vor Probleme, da viele QuereinsteigerInnen höhere berufliche Abschlüsse im Vergleich zu einer staatlich anerkannten ErzieherIn in Ausbildung haben.

Viele der angehenden ErzieherInnen haben eine Dreifachbelastung: Ausbildung in der Fachschule, Arbeitsstelle in der Kita und Familienverpflichtungen. Diese Anforderungen unter einen Hut zu bringen, ist für die QuereinsteigerInnen anspruchsvoll und setzt eine hohe Motivation voraus. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Anforderungen der Arbeitsstätte Kita, z.B. bei Krankheitsvertretungen, mit den Anforderungen der Ausbildung konkurrieren.

Welche Erfahrungsberichte oder Stimmungsbilder gibt es aus Elterninitiativkitas zur Ausbildung von nicht einschlägig aus- bzw. vorgebildeten Berufswechsler/innen während der Ausbildung?

Überwiegend positive. QuereinsteigerInnen sind in der Regel älter und lebenserfahrener und bringen verschiedene Qualifikationen (z.T. auch Hochschulabschlüsse) und berufliche Vorerfahrungen mit, die sie in Elterninitiativen einbringen können. Sie haben sich sehr bewusst für diesen Weg entschieden, sind sehr motiviert und gleichen damit noch fehlende pädagogische Vorerfahrungen aus. Die Erfahrungen zeigen, dass sie dann auch länger im Beruf verweilen als manche der jüngeren FachschulabsolventInnen in Vollzeit. Die länderspezifisch hohen Zugangsvoraussetzungen für die Fachschulausbildung (z.B. Fachabitur) führen dazu, dass die letztgenannten AbsolventInnen die ErzieherInnentätigkeit öfter als Zwischenstadium des beruflichen Werdegangs gestalten und z.B. die vielfältigen Studienangebote nutzen.

Woran liegt es, dass deutlich mehr männliche Fachkräfte in Elterninitiativkitas arbeiten als im Bundesdurchschnitt?

Das ist auf der einen Seite historisch bedingt – es gibt eine Tradition, dass männliche Erzieher in Elterninitiativen gern gesehen sind. Der Anteil von Männern in den ersten Elterninitiativen war 17 %. Diese Offenheit dafür und das relativ hohe soziale Prestige, das männliche Erzieher in Elterninitiativen insbesondere in Großstädten genießen, befördern den hohen Anteil. Dazu kommt, dass QuereinsteigerInnen immer willkommen waren in Elterninitiativen–- und der Anteil an Männern ist bei den Quereinstiegsausbildungen höher als in den Vollzeitausbildungen. Und wo ein Mann ist, da kommt gerne noch einer dazu in Elterninitiativen – es gibt vereinzelt Elterninitiativen mit einer Mehrheit von männlichem Fachpersonal.