04.12.2017

„Die Ausbildungsmodelle befinden sich in einem Spannungsfeld zwischen hochwertiger Ausbildung und einer hohen Qualität der pädagogischen Arbeit“

Pia Schnadt ist Leiterin Personalentwicklung und Fortbildung bei der FRÖBEL Bildung und Erziehung gGmbH. Ihrer Meinung nach wird die berufsbegleitende und vergütete Ausbildungsform in Zukunft an Bedeutung gewinnen.

Foto: privat.

Welche Rolle spielt in Ihrem Tätigkeitsfeld die berufsbegleitende/praxisintegrierte, vergütete Erzieher/innenausbildung?

Mit 160 Krippen, Kindergärten und Horten, 14 000 betreuten Kindern und rund 3 200 Fachkräften ist FRÖBEL einer der großen Anbieter von Kindertagesbetreuung in Deutschland. Für uns spielt die berufsbegleitende, vergütete Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern eine zunehmend wichtige Rolle. Aktuell beschäftigen wir in unseren Kindertageseinrichtungen rund 100 Erzieherinnen und Erzieher in Ausbildung. Vor dem Hintergrund des aktuellen und zukünftigen Fachkräftemangels ist diese Form der Ausbildung eine wichtige Quelle der Gewinnung neuer Fachkräfte geworden.

Gleichzeitig sehen wir hier eine gute Möglichkeit, pädagogische Fachkräfte in Ausbildung kontinuierlich in ihrem pädagogischen Werdegang zu begleiten. Für uns ist dabei natürlich auch wichtig, dass die Auszubildenden nicht nur die Ausbildung erfolgreich absolvieren, sondern ebenso uns als attraktiven Arbeitgeber kennenlernen und nach Abschluss ihrer Ausbildung unseren Teams als pädagogische Fachkraft zur Verfügung stehen.

Für die Teams in unseren Häusern kann die praxisintegrierte und vergütete Ausbildung sehr bereichernd sein, weil in dieser Ausbildungsform engagierte und hochmotivierte Personen verschiedenen Alters ganz unterschiedliche Lebens- und Berufserfahrungen mitbringen. Und da das Ausbildungsverhältnis über drei Jahre andauert, bleiben die Auszubildenden – anders als bei Praktika – für Kinder konstante Bezugspersonen. Dennoch können diese Kollegen/innen eine erfahrene Fachkraft nicht ersetzen. Auch sind die personellen und zeitlichen Ressourcen, die für die Ausbildung aufgewendet werden müssen, nicht ausreichend. Gleichwohl halten wir diesen Weg der Fachkräfteausbildung für richtig und wichtig. Daher planen wir selbst in der Ausbildung tätig zu werden und eine eigene Fachschule zu gründen, um eine bestmögliche Verschränkung von theoretischer und praktischer Ausbildung realisieren zu können.

Welche guten Ansätze aber auch Schwierigkeiten sehen Sie bei der aktuellen berufsbegleitenden/praxisintegrierten, vergüteten Erzieher/innenausbildung in den einzelnen Bundesländern?

Die praxisintegrierte und vergütete Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern wird bisher vor allem von unseren Einrichtungen in Berlin, München und in Nordrhein-Westfalen genutzt. In Berlin besteht seit langem die Möglichkeit der berufsbegleitenden, vergüteten Ausbildung. Der Einstieg ist für Interessierte vergleichsweise einfach und attraktiv, denn es werden keine vorherigen Praxiserfahrungen erwartet. Dieser Vorteil, insbesondere für fachfremde Quereinstiege, ist zugleich oftmals auch eine Schwierigkeit für die Einrichtungen, denn dort werden die Auszubildenden zu hundert Prozent auf den Personalschlüssel angerechnet, obwohl diese – zumindest im ersten Jahr – eine Fachkraft nicht ersetzen können.

In Köln erfolgt die vergütete Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern nach dem Modell der praxisintegrierten Ausbildung (PIA), in München nutzen wir die Möglichkeiten der Optiprax-Ausbildung. In beiden Fällen werden die Auszubildenden im ersten Ausbildungsjahr nicht im Stellenschlüssel, ab dem zweiten Ausbildungsjahr nur anteilig angerechnet, womit dem Ausbildungsstatus der angehenden pädagogischen Fachkräfte besser entsprochen wird.

In diesen beiden letztgenannten Ausbildungsmodellen existiert keine verbindliche Regelung, wie in der Praxis mit dem Aufwand, der mit der praktischen Ausbildung verbunden ist, zu verfahren ist. Dies ist wiederum im Berliner Ausbildungsmodell besser gelöst, wo ein, wenn auch nicht immer ausreichender Anteil an Anleitungsstunden definiert wurde. Sämtliche Ausbildungsmodelle befinden sich also in einem Spannungsfeld zwischen hochwertiger Ausbildung und einer hohen Qualität der pädagogischen Arbeit.

Wie sehen aus Ihrer Sicht die wesentlichen Eckpunkte einer zukunftsfähigen, qualitätsvollen und professionellen berufsbegleitenden/praxisintegrierten, vergüteten Erzieher/innenausbildung aus?

Zentrale Elemente der vergüteten Ausbildung von pädagogischen Fachkräften sind aus unserer Sicht:

  • Die Profilierung und Qualifizierung der Einrichtungen zu Ausbildungseinrichtungen, möglichst nach einheitlichen Standards. Damit wird die Ausbildung zur Einrichtungsaufgabe und zur Aufgabe des gesamten Teams.
  • Die verbindliche Ausbildung und Qualifizierung der Praxisanleiter/innen sowie die Bereitstellung zeitlicher Ressourcen u.a. für die Begleitung der Auszubildenden, Vor- und Nachbereitungszeit, Entwicklung und Besprechung des individuellen Ausbildungsplans, Zusammenarbeit und Austausch mit der Fachschule sowie Gestaltung der Prüfungsvorbereitung.
  • Eine enge Kooperation zwischen Fachschule und Lernort Praxis, die den Beitrag beider Ausbildungsstätten am Erfolg der Ausbildung anerkennt. Dazu gehört auch der Austausch über das schulische Curriculum und die Arbeit der Kindertageseinrichtung, um Inhalte der Ausbildung aufeinander abstimmen zu können.
  • Eine einheitliche Vergütung der Studierenden sowie eine Anrechnung auf den Fachkraftschlüssel von mindestens fünfzig Prozent ab dem zweiten und hundert Prozent ab dem dritten Ausbildungsjahr.

Welche Bedeutung wird Ihrer Meinung nach die berufsbegleitende/praxisintegrierte, vergütete Erzieher/innenausbildung in zehn Jahren haben?

Aktuell wird mit dem Angebot der vergüteten Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern versucht, das Berufsfeld für neue Zielgruppen zu öffnen und attraktiver zu machen. Der Erfolg und die Bedeutung dieser Ausbildungsform hängen auch von der Ausgestaltung der Ausbildungsbedingungen wie dargestellt ab. Aus Trägersicht wird die Bedeutung dieser Ausbildungsform eher zunehmen, da hierdurch theoretische und praktische Ausbildung besser verzahnt werden können.