03.11.2019

„Die Auseinandersetzung mit Geschlechterbildern ist basal“

Michael Drogand-Strud, Leitung gleichstellungsorientierter Transfer & jugendpolitische Partizipation bei meinTestgelände, kritisiert, dass immer noch zu wenig Männer in Pflege und Kleinkinderziehung arbeiten.

Foto: privat.

Viele geschlechterpolitisch relevanten Förderungen laufen leider aus

Zuerst möchte ich mich für die umfangreiche und fachlich kompetente Begleitung durch die Koordinationsstelle „Chance Quereinstieg/Männer in Kitas“ bedanken und meinem Gefühl Ausdruck verleihen, dass das Beenden der Förderung nach meiner Meinung ein komplett falsches Zeichen ist, welches allerdings in einem Zusammenhang mit dem Auslaufen nahezu aller geschlechterpolitisch relevanten Förderungen von „Demokratie Leben“ steht.

Nach wie vor ist der Arbeitsmarkt geschlechtlich segregiert und es ist ein stark zuschreibendes Merkmal der öffentlichen Kleinkinderziehung, dass sie immer noch zu einem sehr hohen Anteil von weiblicher Arbeitskraft geprägt wird und damit Kindererziehung und Pflege als eine von Männern und ihrer Arbeit losgelöste Realität darstellt.

Wunsch nach Leben ohne Genderzuschreibungen

Unsere Projekt „meinTestgelände“, mit dem wir in der vergangenen sechs Jahren Hunderte von Beiträgen junger Menschen zu Geschlechterthemen veröffentlicht haben, zeigt immer wieder beeindruckend, dass Jugendliche aller Geschlechter sich gegen diese geschlechtlichen Zumutungen, Diskriminierungen und Einschränkungen wehren und ein Leben ohne Genderzuschreibungen wünschen.

Dazu ist gerade in Deutschland und insbesondere im Bereich der pädagogischen und sozialen Arbeit noch viel zu tun. Kitas müssen sich heute auch mit den Themen rund um die geschlechtliche und sexuelle Vielfalt und die Vielzahl an Familienmodellen jenseits der klassischen Vater-Mutter-Kind-Familie beschäftigen. Dazu ist die Auseinandersetzung mit Geschlechterbildern basal.

Mein Dank an die Koordinierungsstelle ist auch hier, dass die Relevanz dieser Themen berücksichtigt wurde. Hauteng mit der Frage von „Männern in Kitas“ steht auch immer der Generalverdacht und damit verbunden die Frage nach Schutzkonzepten in Einrichtungen bzw. sexualpädagogischen Konzepten für die Kinder im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen. Die Koordinationsstelle hat diese Themen in Verbindung mit weiteren Geschlechterthemen behandelt.

Es braucht Akzeptanz von Vielfalt

Gerade auch z.B. der Männer-AK aus dem ehemaligen Projektstandort von „Mehr Männer in Kitas“ in hessisch Oldendorf hat viel von der Arbeit der Koordinierungsstelle profitiert und thematisiert, wie in Teams Geschlechterklischees in Frage gestellt werden können. Für eine wirkungsvolle geschlechterbewusste Pädagogik braucht es künftig in den Einrichtungen eine grundsätzliche Akzeptanz von Vielfalt, keine Sonderrolle einzelner Männer, die Sensibilisierung von Fachkräften, Fortbildungen, Supervision sowie die Einbeziehung von Geschlechteraspekten in die Qualitätsleitlinien der Einrichtungen.“